Pia Douwes © Corinna Kleszewski
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»Mijn Leven is van mij – Pia Douwes« TV-Dokumentation

»Lächelnd denk ich an damals, als ich jung war und schön« – wenn Theater krank macht

Am 23.01.21 wiederholte das niederländische Fernsehen das »Intime Portrait des international gefeierten Musicalstars Pia Douwes« von Emma Westermann. Die Dokumentation aus dem Jahr 2018 (deutscher Titel wäre »Ich gehör nur mir«) beschreibt jedoch weniger den Glanz und den Glamour einer einzigartigen Musical-Karriere, sondern zeigt vielmehr die Schattenseiten einer Branche, die einen Menschen physisch und psychisch enorm belasten kann.

Starke Frauenrollen verlangen hohen körperlichen und seelischen Einsatz

Pia Douwes verkörperte bereits alle starken Frauenrollen in Musicals, ob Velma Kelly in »Chicago«, Milady de Winter in »3 Musketiere«, Fantine in »Les Misérables«, Mrs Danvers in »Rebecca« oder ihre Glanzrolle »Elisabeth«. Alle diese Frauen kämpften dafür, von der Gesellschaft wahrgenommen und akzeptiert zu werden, und dieses Thema beschäftigt Douwes seit ihrer Kindheit. Mit dem spontanen und expressiven Mädchen können andere gleichaltrige Kinder nicht gut umgehen. Mit 12 Jahren kommt sie auf ein Internat, was ihr die Möglichkeit eines Neuanfangs beschert. Das Abenteuer und die Freiheit, neue Mitschüler kennenzulernen, die ihr das Gefühl geben, dazuzugehören oder akzeptiert zu werden, ist sehr wichtig für sie. Nur die Trennung von den Eltern, die sie nur an den Wochenenden sehen kann, ist schwer und wird zu einem Ritual von Abschiednehmen und Alleinsein. Nach ihrer professionellen Ausbildung zur Musicaldarstellerin öffnet sich für Douwes eine neue Welt, in der sie in ihren Rollen alles ausdrücken und sich selbst verwirklichen kann. So kommt die junge Frau nach Wien, das Mekka des Musicals in Europa. Bei einem Casting aus 400 Mitbewerbern für eine Rolle in einem neuen Stück, von dem niemand weiß, was daraus werden würde, wird sie für die Rolle der Kaiserin Elisabeth ausgewählt. Als Neuling quälen sie die Ängste, ob sie der Herausforderung einer Hauptrolle gerecht werden kann und ob sie überhaupt in diese Musicalwelt hineinpasst. Das Gefühl von Zusammengehörigkeit, Akzeptanz, Liebe und Freundschaft im Ensemble ist für sie überwältigend und positiv. 24 Stunden an 7 Tagen der Woche in 8 Shows zu spielen ist normal, macht Spaß und ist spannend. Das Leben liegt in der Gegenwart, für die Zukunft wird nicht geplant, und nach dem Theater geht es noch als Nebenjob in eine Bar zum Singen. Doch die Rolle der Elisabeth verlangt großen körperlichen und seelischen Einsatz. Nach außen hin zeigt sich Douwes fröhlich auf jeder Feier und im Theater, innerlich fühlt sie sich einsam und wird depressiv. Doch abends während der Vorstellung ist sie voller Energie. Keiner ahnt von ihrer Depression, bis sie 1996 die Notbremse zieht, für 1 Jahr nicht mehr arbeitet und daran zweifelt, ob sie mit dem Beruf weitermachen sollte.

Prächtige Karriere kostet Kraft

Doch während dieser Zeit ändert sie die Einstellung zu ihrer Passion und merkt, wie sehr sie die Bühne vermisst. Es geht um ein gutes Leben, nicht ums Überleben. Ihre prächtige Karriere geht weiter, in insgesamt über 30 Jahren darf sie fantastische Rollen spielen. Trotzdem kommen mit dem Älterwerden Fragen auf wie, ob man sie noch auf der Bühne sehen möchte. Im Oktober 2016 zur Premiere von »Sunset Boulevard« am Opernhaus in Dortmund ist Douwes noch enthusiastisch und feiert mit ihren stolzen Eltern. Sie spielt in zwei Produktionen gleichzeitig, hat neben Dortmund ein Engagement bei »Monty Python#s Spamalot« in Salzburg und gibt Konzerte in Holland. Die Darstellerin ist immer unterwegs, lebt aus den Koffern im Auto und den Hotels, versorgt nebenbei ihre pflegebedürftigen Eltern, findet noch Zeit für ihren Hund, jedoch nicht mehr für sich selbst. Menopause bedingte Migräneanfälle plagen sie häufiger, sie nimmt Medikamente, was ihre Konzentration stört. Durch das Hin- und Herreisen findet sie buchstäblich kaum noch Luft zum Atmen. Neue Texte zu lernen für immer neue Auftritte und 2 Premieren innerhalb von 10 Tagen zehren an ihrer Kraft. Im DeLaMar Theater in den Niederlanden muss Douwes ihr Konzert »A Midwinter#s Tale« absagen, nach einer schlaflosen Nacht mit heftigen Migräneattacken. Als sie den klassischen Song ›Gute Nacht‹ aus Schuberts »Winterreise« interpretiert, bleibt ihr erstmals beim Singen die Luft weg. Erst glaubt sie, es sind die Wechseljahre, aber es stellt sich heraus, dass sie ein Burn-out hat. Sie gönnt sich eine Pause von drei Monaten, doch mehr Zeit gibt es nicht, denn auch sie muss ihren Unterhalt verdienen und die geplanten Engagements warten auf sie.

Next to Normal?

Bei den Proben zu »Next to Normal« in Fürth Anfang 2017 spricht Kollegin Sabrina Weckerlin über ähnliche Probleme, weil sie zwischen »Tarzan«, »Goethe! – Auf Liebe und Tod« und »Next to Normal« keine Zeit mehr für sich findet. Douwes muss die Proben unterbrechen, weil sie kaum Schlaf findet im Hotel und beim Singen zu wenig Luft bekommt. Den Fans bei der Premiere an der Stage Door sagt sie, sie sei müde, gibt trotzdem Autogramme, macht Fotos und nimmt sich Zeit für Fanpost. Doch die Pause nach dem Burn-out war zu kurz. Sie muss ins Krankenhaus, bekommt Infusionen, benötigt dringend eine weitere Auszeit und sagt alle Auftritte in den kommenden Wochen ab. Es folgt eine Zeit, in der es ihr seelisch und körperlich schlecht geht. Sie hyperventiliert und hat Panikattacken. Sie verbringt viel Zeit mit den pflegebedürftigen Eltern. Anders als ihre Brüder hat Pia Douwes keine eigenen Kinder, denen sie etwas weitergeben kann. Als sie sich Kinder wünschte, fehlte der Partner. Kinder allein groß ziehen wollte sie nicht, und schließlich war es für eigene Kinder zu spät. Daraus resultiert die Angst, minderwertiger als die eigenen Brüder zu sein und im Alter die Geborgenheit einer Familie zu entbehren. Sie hat aber gelernt, dass es nicht schlimm ist, keine Kinder zu haben, nicht verheiratet zu sein und nicht die Norm zu erfüllen. Mit Physiotherapie, Konditionsaufbau, Training, Stressabbau, Entspannungstechnik und dem Lernen loszulassen und Verspannungen zu lösen, erlangt die Künstlerin wieder Vertrauen in den eigenen Körper.

Nicht zu viel nachdenken und einfach wieder handeln: Mit diesem Motto steht Pia Douwes im Sommer 2017 bei »Elisabeth in Concert« im Paleis Het Loo in Apeldoorn in ihrer Kämpferrolle wieder auf einer Freilichtbühne – und so endet die Fernsehdokumentation mit einem Happy End.

Zwei Jahre später, während der Holländischen Produktion von »The Addams Family«, verliert Pia Douwes ihren geliebten Vater, der mit unzähligen Videos permanent ihre Karriere dokumentiert hat. Den Tod ihres Vaters zu verarbeiten kostet Zeit und Kraft, sie sagt alle Engagements (u. a. Morgana in »Artus – Excalibur« in Zwingenberg) ab. Nur die Open-Air-Produktion »Elisabeth in Concert« am Originalschauplatz vor Schloss Schönbrunn in Wien bewältigt sie im September 2019. Hier beweist sie allen Fans und Kritikern, dass sie stimmlich und darstellerisch weiterhin in der Oberliga spielt. 2020 plant sie mit »Sister Act« und einer ihrer weiteren Paraderollen als Claire Zachanassian in »Der Besuch der alten Dame« ein Wiedersehen in Tecklenburg, das coronabedingt verschoben werden musste. Erst kürzlich präsentierte sie ihr komödiantisches Talent bei der ersten Lesung des neuen Musicals »Glücksflicken« und überzeugte die Autoren Werner Bauer und Florian Albers restlos.

Ich bin wieder da, bin zurück, wo ich Legende war

Wie Norma Desmond gehört Pia Douwes noch lange nicht zum alten Eisen. Hoffen wir, dass es bald wieder auf deutschen, österreichischen und niederländischen Bühnen heißt: »Endlich: Pia ist zurück. Diesmal für immer, ich bin wieder da, bin zurück, wo ich Legende war, nur ein Blick macht mich wahr«!

Die Fernsehdokumentation finden Sie hier zum Ansehen!

Alles zur Musical-Darstellerin Pia Douwes finden Sie bei Sound Of Music!

© Text & Fotos: Stephan Drewianka; Dieser Bericht erschien ebenfalls in der Musical-Fachzeitschrift BLICKPUNKT MUSICAL 02-21, Ausgabe 111

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