Musical My Fair Lady am Theater Bielefeld © Bettina Stöß
Musical My Fair Lady am Theater Bielefeld © Bettina Stöß
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Theater
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My Fair Lady - Musical am Theater Bielefeld

Das Eliza-Experiment

Prof. Henry Higgins ist ein Wissenschaftler par excellence. Seine Liebe zur Sprachwissenschaft, mit der er jeden Einwohner Londons anhand seines Akzents bis auf die Straße seiner Geburt geographisch und gesellschaftlich einzuordnen versteht, gipfelt in einer Wette mit seinem Seelenverwandten Oberst Hugh Pickering, bei der er ein gewöhnliches Blumenmädchen in kürzester Zeit durch die hohe Kunst der Sprache in die gesellschaftliche Oberschicht bringen und als Prinzessin verkaufen will. Thomas Winter zeigt seit 21.09.18 in seiner Inszenierung des Musical-Klassikers „My Fair Lady“ für das Theater Bielefeld Alexander Franzen (alternierend Nikolai Alexander Brucker) als einen exzentrisch-selbstverliebten Perfektionisten, der sein Experiment Eliza Doolittle als reine Sache ansieht und dabei viel zu spät erkennt, dass das menschliche Wesen, das eine Kerzenflamme mit stimmhaftem H einfach nicht zum Flackern bringen will, viel mehr ist als schwingende Stimmbänder. Ohne Feingefühl peitscht er Eliza bis an sein Ziel und bemerkt dabei weder, dass Eliza Gefühle für ihn hegt, noch, dass aus der Gassengöre eine feine Dame geworden ist, die trotzdem ihren Platz in der Gesellschaft noch lange nicht gefunden hat.
Der Musical-Klassiker mit den unzähligen Hits aus der Feder von Frederick Loewe, die unter der musikalischen Leitung von William Ward Murta durch einige kleine Variationen der Musikarrangements aufhorchen lässt, gefällt in seiner psychologischen Tiefe und überzeugt gerade auch in den schauspielerischen Dialogen. Kai Hufnagel als Oberst Pickering bildet einen vermittelnden Ruhepol zu den unermüdlichen Sprachlektionen von Higgins, doch selbst mit Haushälterin Mrs. Pearce (Melanie Kreuter) stoßen alle gutgemeinten Ratschläge auf taube Ohren. Wenn Theresa Christahl als Eliza, die einen wundervollen Berliner Dialekt von sich gibt und deren Stimme nur selten einen Tick mehr Kraft und Volumen haben könnte, wutentbrannt bei „Wart´s nur ab!“ Henry Higgins am liebsten einem Erschießungskommando vorführen will, kann dies jeder Zuschauer bestens nachvollziehen. Und trotzdem sitzt tief in Higgins verborgen ein liebenswerter Mensch, der Eliza bei „Es grünt so grün“ so motivieren kann, dass sie die ganze Nacht nur tanzen will, oder der ihr bezaubernde Kleider für Pferderennen in Ascot und den Diplomatenball schenkt. Kein Wunder, dass sie ihrem Verehrer Freddy Eynsford-Hill den Laufpass gibt, gespielt von Lorin Wey als anhänglicher Stalker , der tagelang in der Straße, wo Eliza lebt, herumlungert, aber ansonsten zu nichts zu gebrauchen ist. Die einzige Person, die Eliza versteht und ihrem komplizierten Sohn den Kopf zurechtrücken kann, ist Mrs. Higgins, die von Monika Mayer souverän und sympathisch personifiziert wird. Dirk Audehm überzeugt gesanglich wie schauspielerisch als Elizas Vater Alfred P. Doolittle, der aus seiner Rolle mehr herausholt, als sie eigentlich zu bieten hat.
Den visuellen Rahmen des Stückes setzt Ulv Jakobsen neben zeitgemäßen Kostümen mit einer gut durchdachten Drehbühne, deren Innenseite die funktionell-gemütliche 2 Etagen-Wohnung von Prof- Higgins beherbergt, während die Außenfassade Londons Straßen zeigt. Nach hinten geschoben, werden das Pferderennen in Ascot, der Gartenpavillon von Mrs. Higgins oder der Diplomatenball mit Kronleuchter und Treppe nur stilisiert angedeutet. Die Choreografie von Thomas Klotz unterstreicht einige Szenen ohne sich zu sehr in den Vordergrund zu drängen.
Nach einigen Musical-ischen Experimenten wie „Das Molekül“ und „Frühlingserwachen“ kehrt mit „My Fair Lady“ ein bodenständiger Musical-Klassiker ans Theater Bielefeld zurück, auf den das Publikum augenscheinlich gewartet hat, waren noch vor der Premiere bereits alle Vorstellungen bis Sylvester ausverkauft. Dank der gelungenen Charakterdarstellung hebt sich diese „Lady“ von zahlreichen anderen Inszenierungen ab und ist mehr als nur die Aneinanderreihung unsterblicher Evergreens.

© Text & Fotos Schlussapplaus: Stephan Drewianka, Produktionsfotos: Bettina Stöß; dieser Bericht erschien ebenfalls in der Zeitschrift Blickpunkt Musical, Ausgabe 97, 06-18, November 2018-Januar 2019

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Musical My Fair Lady am Theater Bielefeld

Ich hätt’ getanzt heut’ Nacht, Es grünt so grün, Bringt mich pünktlich zum Altar – wer kennt sie nicht, Frederick Loewes unsterbliche Ohrwürmer aus My Fair Lady? Professor Higgins, unverbesserlicher Junggeselle und genialischer Dialektforscher, wettet mit Oberst Pickering, dass es ihm gelingt, aus der eher umgangssprachlich orientierten und aus bildungsfernen Schichten stammenden Eliza Doolittle eine Dame von feinster Redensart zu machen. Und sie – wir sind in London! – in die feine Gesellschaft einzuführen. Gesagt, getan. Eliza wird einbestellt, erhält wochenlangen Sprach- und Manierenunterricht nebst freier Kost und Logis und erfüllt Higgins‘ kühne Hoffnungen. Immerhin schon im zweiten Anlauf bezaubert sie die Upper Class, doch nach diesem an sich erfreulichen Zwischenergebnis wird sie von den beiden Herren schlichtweg im Stich gelassen. Wohin nun mit ihrer neuen Identität? Entrüstet haut Eliza ihrem Möchtegern-Schöpfer seine Selbstherrlichkeit um die Ohren …

My Fair Lady basiert auf der 1913 verfassten »Romanze« Pygmalion von George Bernard Shaw, der für seine messerscharfe Beobachtungsgabe genauso berüchtigt war wie für seine pointierte Sprache. Rund vierzig Jahre war das Stück bereits alt, als es Frederick Loewe unter die Finger bekam. Als Sohn Wiener Eltern in Berlin sozialisiert, verbrachte Loewe den größten Teil seines Lebens in New York, wo er als Pianist und Boxer hauptsächlich am Nachtleben teilnahm und davon mehr schlecht als recht lebte. 1942 traf er den Songtexter Alan Jay Lerner, mit dem er zunächst Brigadoon als ersten gemeinsamen Erfolg am Broadway herausbrachte, um dann 1956 mit My Fair Lady einen Welterfolg zu landen, der bis heute seinesgleichen sucht.

Neuproduktion My Fair Lady 2018

Am Theater Bielefeld liegt die Neuproduktion von My Fair Lady bei William Ward Murta (Musikalische Leitung), Thomas Winter (Regie), Ulv Jakobsen (Bühne und Kostüme) sowie Thomas Klotz (Choreografie) in bewährten Händen. Behutsam verschlankt, erzählt sich die Geschichte »Eliza vs. Prof. Higgins« im optischen Rahmen des Jahres 1912. Neu am Haus ist die noch junge Musicaldarstellerin Theresa Christahl in der Hauptrolle der Eliza; ebenso wie Nikolaj Alexander Brucker, der sich als Prof. Higgins mit Alexander Franzen abwechseln wird. Kai Hufnagel (Pickering) und Dirk Audehm (Doolittle) vervollständigen das Solistenquartett, zu dem sich spielfreudige Ensemblemitglieder wie Melanie Kreuter und Lorin Wey sowie die Mitglieder des Bielefelder Opernchores gesellen. Ein Wiedersehen gibt es mit Monika Mayer als Mrs. Higgins, ebenfalls neu sind die Mitglieder der Bewegungsgruppe E-Motion, die das Bühnengeschehen äußerst lebendig bereichern. Was selbstredend auch für die Bielefelder Philharmoniker gilt, die Loewes Melodien zum Blühen bringen.

Besetzung von My Fair Lady am Theater Bielefeld

Professor Henry Higgins – Nikolaj Alexander Brucker/ Alexander Franzen
Oberst Hugh Pickering – Kai Hufnagel
Eliza Doolittle – Theresa Christahl
Alfred P. Doolittle, ihr Vater – Dirk Audehm
Freddy Eynsford-Hill – Lorin Wey
Mrs. Pearce, Higgins‘ Hausdame – Melanie Kreuter
Mrs. Higgins – Monika Mayer
Mrs. Eynsford-Hill – Christin Enke-Mollnar
Jamie Vladimir – Lortkipanidze
Harry Carlos – Horacio Rivas
1. Dienstmädchen – Michaela Ataalla / Elena Schneider
2. Dienstmädchen – Annika Brönstrup/Sofio Masxarashvili
Zwei Dienstboten bei Higgins – Tae-Woon Jung / Seung-Koo Lim / Dumitru-Bogdan Sandu / Paata Tsivtsivadze
Lady Boxington – Vera Freese
Lord Boxington – Lutz Laible
Vier Obsthändler – In-Kwon Choi / Krzysztof Gornowicz / Young Sung Im / TaeWoon Jung / Lutz Laible / Ramon Riemarzik / Dumitru-Bogdan Sandu / Paata Tsivtsivadze
Wirt – Mark Coles
Mann aus Hoxton – Krzysztof Gornowicz
Mann aus Sesley – Ramon Riemarzik
Kreativ-Team

Musikalische Leitung – William Ward Murta
Inszenierung – Thomas Winter
Bühne, Kostüme – Ulv Jakobsen
Choreografie – Thomas Klotz

Musical nach Bernard Shaws Pygmalion und dem Film von Gabriel Pascal. Buch von Alan Jay Lerner, Musik von Frederick Loewe, Deutsch von Robert Gilbert.

Premiere und weitere Vorstellungen

Premiere am Freitag, 21.09.18, 19:30 Uhr,
Stadttheater Bielefeld

© Pressemitteilung Theater Bielefeld, Fotos Schlussapplaus: Stephan Drewianka

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